Obwohl die Artikel anonym erscheinen, macht Goethe sich einen Namen. Keinen besonders guten:
Un des principaux auteurs de cette Gazette [Frankfurter Gelehrte Anzeigen] est un nommé Getté, homme de genie à ce qu'on dit, mais d'une suffisance insupportable. J'ai une fois soupé en sa compagnie et même reçu sa visite, mais je ne le connais pas à beaucoup près assez pour en juger d'après mes propres observations. (G. K. Pfeffel an Ring 12. 2. 1773)
Die Kritik [Goethes] von Geßners Idyllen [in den Frankfurter Gelehrten Anzeigen vom 22. 8.] war freilich ungerecht. Ich habe mit dem Rezensenten lange darüber gezankt. (L. J. F. Höpfner an Ch. F. Nicolai, 18. 2. 1773 )
Goethe in einer Rezension über Johann Georg Jacobi, aus der Nr. 101 vom 18. 12. 1772:
Herr Jakobi und sein gutes Herz; das gute
Herz und der Herr Jakobi; die ein großer Theil des Publikums mit
uns von Herzen satt ist.
Konnte er nicht lieblicher Dichter seyn,
ohne sich überall anliebeln zu wollen? nicht ehrlicher Mann, ohne
diese ängstliche Protestationen? Was ist sie auch nur im geringsten
werth diese Bußfertigkeit, mit der er auf sein Recensentenleben zurück
sieht? bekennt: er habe zwar unvermeidliche Sünden da begangen, pag.
46. wolle sie aber als Schwachheitssünden angesehn wissen, da ihm
bekanntlich nicht die geringste Bosheit, nicht die mindeste Fähigkeit
zu schaden von der Natur mitgetheilet worden. ...
Uns ist der Inhalt und die Art des Vortrags
höchst widrig aufgefallen. Wir wünschten, Herr Jakobi unter seinen
Zweigen akkompagnirte seine Vögel; wäre
Der edle, warme Menschenfreund
Der ächte, weise Tugendfreund
Auch des Lasters strenger Feind. pag. 7.
und ließe uns nur mit seinen Tugenden
unbehelligt. Streitigkeiten sollt er andern überlassen, als Geistlicher,
Poet und - hat er doppelt und dreyfach das Weiberrecht.
Als kleines 'Beiseite' an Kolleginnen und Kollegen: Die
Frankfurter Gelehrten Anzeigen wurden immer wieder darauf befragt, welche
Beiträge von Goethe stammen. Noch das Monumentalwerk von Hermann Bräuning-Oktavio:
Herausgeber und Mitarbeiter der Frankfurter Gelehrten Anzeigen 1772, Tübingen:
Niemeyer 1966, sieht, wie schon der Titel sagt, die Zeitschrift primär
unter dem Aspekt der Verfasserbestimmung. Sähe man sie mit den Augen
der Beiträger selbst, dann hätte sie eher den Charakter eines
Gemeinschaftswerkes. Die Themenbreite wäre dann auch ein Hinweis darauf,
daß der Sturm und Drang doch nicht nur eine literarische Veranstaltung
war, sondern Teil eines breiten lebensreformerischen Engagements. Das Inhaltsverzeichnis
des Kapitels "VIII. Die Hauptideen" bei Bräuning-Oktavio mag einen
Eindruck vermitteln:
VIII. KAPITEL |
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