Klein ist unter den Fürsten Germaniens
freilich der meine;
Kurz und schmal ist sein Land, mäßig
nur, was er vermag.
Aber so wende nach innen, so wende nach
außen die Kräfte
Jeder; da wär's ein Fest, Deutscher
mit Deutschen zu sein.
Doch was priesest du Ihn, den Taten und
Werke verkünden?
Und bestochen erschien' deine Verehrung
vielleicht;
Denn mir hat er gegeben, was Große
selten gewähren,
Neigung, Muße, Vertraun, Felder
und Garten und Haus.
Niemand braucht' ich zu danken als ihm,
und manches bedurft' ich,
Der ich mich auf den Erwerb schlecht,
als ein Dichter, verstand.
Hat mich Europa gelobt, was hat mir Europa
gegeben?
Nichts! Ich habe, wie schwer! meine
Gedichte bezahlt.
Deutschland ahmte mich nach, und Frankreich
mochte mich lesen.
England! freundlich empfingst du
den zerrütteten Gast.
Doch was fördert es mich, daß
auch sogar der Chinese
Mahlet, mit ängstlicher Hand,
Werthern und Lotten auf Glas?
Niemals frug ein Kaiser nach mir, es hat
sich kein König
Um mich bekümmert, und Er war
mir August und Mäzen.
Erneut 1825 für die Sonderausgabe zum 50jährigen
Jubiläum. 1827 wurde das Gedicht zum erstes Stück der Trilogie
der Leidenschaft.
An Werther
Noch einmal wagst du, vielbeweinter Schatten,![]()
Hervor dich an das Tageslicht,
Begegnest mir auf neu beblümten Matten
Und meinen Anblick scheust du nicht.
Es ist als ob du lebtest in der Frühe,
Wo uns der Tau auf Einem Feld erquickt,
Und nach des Tages unwillkommner Mühe
Der Scheidesonne letzter Strahl entzückt;
Zum Bleiben ich, zum Scheiden du erkoren,
Gingst du voran - und hast nicht viel verloren.
Des Menschen Leben scheint ein herrlich Los:
Der Tag, wie lieblich, so die Nacht, wie groß!
Und wir gepflanzt in Paradieses Wonne,
Genießen kaum der hocherlauchten Sonne,
Da kämpft sogleich verworrene Bestrebung
Bald mit uns selbst und bald mit der Umgebung;
Keins wird vom andern wünschenswerth ergänzt,
Von außen düstert's, wenn es innen glänzt,
Ein glänzend Äußres deckt mein trüber Blick,
Da steht es nah - und man verkennt das Glück.
Nun glauben wir's zu kennen! Mit Gewalt
Ergreift uns Liebreiz weiblicher Gestalt:
Der Jüngling, froh wie in der Kindheit Flor,
Im Frühling tritt als Frühling selbst hervor,
Entzückt, erstaunt, wer dieß ihm angethan?
Er schaut umher, die Welt gehört ihm an.![]()
In's Weite zieht ihn unbefangne Hast,
Nichts engt ihn ein, nicht Mauer, nicht Palast;
Wie Vögelschaar an Wäldergipfeln streift,
So schwebt auch er, der um die Liebste schweift,
Er sucht vom Äther, den er gern verläßt,
Den treuen Blick und dieser hält ihn fest.
Doch erst zu früh und dann zu spät gewarnt,
Fühlt er den Flug gehemmt, fühlt sich umgarnt,
Das Wiedersehn ist froh, das Scheiden schwer,
Das Wieder-Wiedersehn beglückt noch mehr
Und Jahre sind im Augenblick ersetzt;
Doch tückisch harrt das Lebewohl zuletzt.
Du lächelst, Freund, gefühlvoll wie sich ziemt:
Ein gräßlich Scheiden machte dich berühmt;![]()
Wir feierten dein kläglich Mißgeschick,
Du ließest uns zu Wohl und Weh zurück;
Dann zog uns wieder ungewisse Bahn
Der Leidenschaften labyrinthisch an;
Und wir verschlungen wiederholter Not,
Dem Scheiden endlich - Scheiden ist der Tod!
Wie klingt es rührend, wenn der Dichter singt,
Den Tod zu meiden, den das Scheiden bringt!
Verstrickt in solche Qualen halbverschuldet
Geb' ihm ein Gott zu sagen was er duldet.